„Ich schau dir in die Augen, Großer!“

Nein, damit ist nicht der große, langhaarige Hamburger gemeint, der ab und zu in die Tiefen des Urwaldes in Papua-Neuguinea verschwindet, um dort Regenbogenfische zu entdecken. Ich meine in diesem Fall das Alphamännchen der Gruppe Melanotaenia multiradiata, die ich aus einer solchen Reise inzwischen von Hans-Georg Evers bekommen habe.

Doch zunächst mal der Reihe nach.

Glossolepis multiradiata – Foto: Rüdiger Bäcker

Im April 2014 haben Hans-Georg Evers und Jeffrey Christian über „Neues vom Vogelkop“ berichtet. Außerdem wurde berichtet, dass einige neue Regenbogenfischarten gefangen wurden. In der Nähe des Dorfes Moswaren im Sungai Moswaren wurde ein Regenbogenfisch gefangen, der zunächst als M. sp. „Moswaren“ bezeichnet wurde.

Diese Art ist sicher kein Farbwunder, aber „schlicht schön schlicht“ hat auch was. Die Tiere sind auch ziemlich groß, das Alpha-Männchen ist etwa 15 cm lang. Das Männchen von Melanotaenia multiradiata ist auf der Oberseite in Richtung blaugrünbraun und auf der Unterseite eher weißlich gefärbt. Vom Auge geht ein heller, manchmal gelblich/schwarz erscheinender Mittelstreifen über den Kiemendeckel bis hin zur Schwanzflosse.

Die Strahlen der Rücken- und Afterflosse sind hellbraun. Der Rand der Rückenflosse ist weiß gesäumt und manchmal gelblich (bei mir ist das beim Alpha-Männchen so). Die Schwanzflosse ist dunkel bis leicht schwarz und die Brust- und Bauchflossen sind durchsichtig. Das Weibchen ist wie bei den meisten Regenbogenfischen eher unscheinbar gefärbt, es sieht silbrig/weiß aus. Die Weibchen sind auch kleiner. Die Flossen sind farblos, aber die Rückenflosse hat einen schwarz-weißen Saum am Außenrand. Bei den Weibchen ist der Mittelstreifen durchgängig schwarz gefärbt. Die Augen und Kiemendeckel sind leicht gelblich.

Ich habe auch eine Gruppe der M. sp. „Moswaren“ aus der o. g. Reise nachgezogen bekommen. Schade, es war nur ein Männchen dabei, das auch keinen Nachwuchs gezeugt hat, bevor es nach einigen Wochen aus ungeklärten Gründen gestorben ist. Ich habe mich dann erst mal anderen Arten gewidmet und mich erfolgreich um deren Vermehrung gekümmert.

Von Allen et al. (2014) wurden die M. sp. „Moswaren“ dann anhand von Material beschrieben, das er 1999 am selben Ort, dem Sungai Sisiah bei der Ortschaft Moswaren, gesammelt hatte. Die neue wissenschaftliche Bezeichnung lautet Melanotaenia multiradiata (mutiradiata = lat. vielstrahlig). Die Art unterscheidet sich von anderen Arten der Gegend durch die ungewöhnlich hohe Anzahl von Brustflossenstrahlen.

Das hat mich daran erinnert, dass ich von dieser Art noch keine Nachzuchten hatte. Ich habe mich gefragt, wer die Tiere noch hat und eventuell Männchen abgeben kann. Ein Blick in die IRG-Bestandsdatenbank war ernüchternd: Danach gab es keine anderen Halter dieser Art. Wie schon gesagt, sind das keine besonders farbintensiven Vertreter der Regenbogenfisch-Familie. Vielleicht war sie daher nicht so verbreitet. Also habe ich mich an Hans-Georg Evers gewandt, von dem ich meine Fische habe. Und siehe da, er sucht gerade nach einer neuen Bleibe für seine Wildfanggruppe.

Wie man so schön sagt: „Hamburg ist immer eine Reise wert“. Vor allem, wenn dann so ein Anlass dazukommt. Die Reise wurde dann auch noch zu einer Grundel-Taxi-Fahrt, in NRW gab es ein Tierchen, das unbedingt zu Andreas Wagnitz in die Obhut wollte. Also haben wir den Transfer von Essen nach Hamburg mit Zwischenhalt in Breckerfeld auch gleich noch organisiert.

Hans‘ Auftrag war auch klar. „Bitte sorge dafür, dass die Tiere im Hobby erhalten bleiben!“ Super, kein Druck auf meinen Schultern. Also war klar, dass die Tiere schnellstmöglich nach der Eingewöhnung bei mir vermehrt werden sollten.

Der Wechsel vom harten Hamburger Wasser in mein weiches Regenwasser war für die Tiere überhaupt kein Problem. In dem Becken mit 1,90 m Kantenlänge fühlten sie sich insgesamt sehr wohl. Von Marten Luter Salossa gibt es diverse Videos von den Biotopen in Papua-Neuguinea, eines zeigt auch Unterwasser-Aufnahmen vom Sisiah Creek. Der Fundort ist ein 15 bis 20 Meter breiter Strom mit Tiefen bis zu zwei Metern und einer langsamen bis mittleren Fließgeschwindigkeit. Der Boden vom Fundort ist aus Kalkstein. Ich habe das Becken dann mit einem Boden aus grobem Kies versehen, ein paar Pflanzen reingesetzt und für eine mittlere Strömung gesorgt.

Meine F1-Weibchen habe ich erst später dazugesetzt. Mein Ziel war es, eine reine F1-Nachzuchtgruppe zu etablieren. Die Wildfanggruppe hat schnell angefangen, Eier zu legen. Das ging ganz einfach, weil sie einen Laichmop aus grünen und braunen synthetischen Wollfäden hatten. Die Produktivität kann man da schon als ordentlich bezeichnen. Ich habe die Eier dann in kleinen Schalen mit Wasser aus dem Becken geschlüpft. Das Wasser habe ich mit ein paar Tropfen Mycopur versetzt, damit sich keine Pilze bilden. Ein paar nicht befruchtete Eier wurden entfernt und nach ca. 8-10 Tagen sind die ersten Larven geschlüpft. Die wurden dann in etwas größere Schalen umgesetzt und dort mit Infusorien, Chlorella-Pulver und ArtemioFluid versorgt. In den Schalen, die knapp zwei Liter fassen, wechsle ich täglich 80 % des Wassers. So haben die Larven immer genug zu futtern. Ich mische die Infusorien, das Chlorella-Pulver und das ArtemioFluid inzwischen in einem Behältnis an, das ich auch gleich als Futtertropf verwende. In der Futterkonstellation kommt auch ein kleiner Ausströmer aus Sinterbronze mit hinein. Dadurch werden die drei Komponenten im Futter-Tropf verwirbelt und die Larven bekommen über den ganzen Tag verteilt von allem etwas ab. Über zwei weitere Zwischenstationen in 25-L-Becken und 54-L-Becken sind die Nachzuchten schließlich in einem 570-L-Becken gelandet, wo sie sich gut entwickeln.

Ich war echt überrascht, dass die auch im Hälterungsbecken groß werden. Die Alttiere kümmern sich nicht um die Larven und man kann beobachten, dass das große Alphamännchen mitten in einem Schwarm von Larven schwimmt, ohne das als Mahlzeit zu würdigen. Wenn die Jungtiere größer werden, werden doch nach und nach einige gefressen. So sind es jetzt 15 Tiere, die so hochgekommen sind. Diese lassen allerdings die Larven nicht in Ruhe und werden bald umgesetzt.

Für den Moment sieht es gut aus, man könnte also sagen, dass der Auftrag ausgeführt wurde.

Hier noch ein paar Detailaufnahmen:

Sowie ein paar Videos:

Zunächst ein Blick in das vorbereitete Becken:

Und dann auf die Bewohner.

Mehr zu dieser Art gibt es hier.